Konzerttipp der Woche: Ein leicht lädierter Myrtenkranz

 garanca

Die Mezzosopranistin Elina Garanca singt Schumann

Er hat keine Winterreise geschrieben, das ist zuzugeben; sonst aber steht der Liedmeister Robert Schumann keineswegs hinter seinem Idol Schubert zurück. Trotzdem konnte er nie mit dem Nimbus des Vorgängers konkurrieren.

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Konzerttipp der Woche: Kein Karnevalskomponist

 Saint

Die 2. Symphonie
von Saint-Saëns
beim RSB

Im musikalischen Paris des 19. Jahrhunderts zählten nur drei Dinge: die Revolution, die Oper und der Salon. Die Revolution war von Komponisten wie Gossec, Cherubini und Méhul ausführlich gefeiert worden; die Oper – und hier besonders das Ballett – ließ alle ernsthafteren Versuche auf musikalischem Gebiet als irrelevant erscheinen; daneben behauptete sich nur der Salon, und zwar jahrzehntelang und nicht nur dank Chopin und Liszt. Um die Instrumentalmusik stand es schlecht, zumindest wenn sie, wie Berlioz erfahren musste, von Franzosen geschrieben war. Auch die Orgel, der fast alle großen französischen Komponisten ihren Lebensunterhalt verdankten, fand nur ein kleines Publikum.

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„Dirigieren ist kein schlechter Beruf“

Marriner

Auch mit 90 Jahren ist der Dirigent Sir Neville Marriner noch unermüdlich aktiv

Er ist seit vielen Jahren ein regelmäßiger und gern gesehener Gast in Berlin. Im Mai dirigiert Sir Neville Marriner, dessen Karriere als Geiger im London Symphony Orchestra begann und der 1959 die Academy of St. Martin in the Fields gründete, nun das Orquestra de Cadaqués im Konzerthaus. Mit 90 Jahren ist Marriner nicht nur beneidenswert vital, sondern ungebrochen neugierig auf Musik. Das folgende Gespräch führte Arnt Cobbers Anfang 2013 für die Philharmonischen Blätter der Dresdner Philharmonie.

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The New Curiosity Shop: Mini-Mahler

Mahler

Die Neunte als Kammersymphonie


Mahlers letztes vollendetes Werk, Höhepunkt und Endpunkt aller spätromantischen Musik, „a Symphony to end all symphonies“ in einer Fassung für 17 Instrumentalisten – ist das sinnvoll oder eine Strafaktion? Eigentlich hätte es Mahler, selbst ein rücksichtsloser Retuscheur, der u. a. die Schumann-Symphonien aufs Grauslichste verschlimmbesserte, durchaus verdient, dass auch seine Werke mal einer Reduktion unterzogen werden. Die Dritte ohne das kindische Bimbam des fünften Satzes, die Achte ohne den Veni creator spiritus-Chor, dazu kräftige Striche in der 2. und 7. Symphonie, all dies wäre wünschenswert, unterbleibt aber aus übertriebener Ehrfurcht. Was bei Rachmaninow gang und gäbe ist, hält man bei Mahler für ein Sakrileg, obwohl die von ihm geschaffenen Strukturen keineswegs schlüssiger und konziser sind als die des melancholischen Russen.

Ausgerechnet die Neunte aber auf Kammerniveau einzudampfen, das erfordert schon eine gehörige Portion Chuzpe. An der Instrumentation gibt es nichts zu verbessern; Mahler selbst hat das Werk zwar nicht mehr hören und daher auch nicht mehr überarbeiten können, aber der untrügliche Klangsinn des erfahrenen Dirigenten machte eine solche Revision auch überflüssig. Die Neunte wird seit hundert Jahren fast überall so gespielt, wie Mahler sie notierte. Andererseits beriefen sich Schönberg, Berg und Webern gerade auf den späten Mahler, als sie sich von den pompös überfrachteten Partituren der Gründerzeit abkehrten und ruhigere Gefilde anstrebten. Und zwar vollkommen zu recht. Das Andante comodo der Neunten könnte mit seinem irrlichternden Horn über fast unhörbaren Celli kaum zerbrechlicher, kammermusikalischer beginnen, und der Satz endet auch verlöschend, fern aller orchestralen Triumphe. Ähnlich filigran ist die Handschrift im Finale geraten.

Der Gedanke, das gesamte Stück auf diese Mini-Besetzung zurückzufahren, liegt nahe, zumal dabei die berüchtigte polyphone Feinstruktur deutlicher ins Ohr fällt. Der Bearbeiter Klaus Simon will gerade diese intimen Seiten Mahlers erfahrbar machen, in den akustischen Vordergrund rücken. Und das funktioniert im Grunde auch nur mit der dicht strukturierten 9. Symphonie – seine anderen, schwächeren Werke sind für solche Experimente ungeeignet, wie die unerträglichen vierhändigen Klavierfassungen beweisen. Mahler hatte schon in jungen Jahren alle kammermusikalischen Bemühungen eingestellt; er brauchte zweifelhafte Texte, brauchte plakative Gesten, fette Effekte und solche Instrumente wie Kuhglocken, Mandoline und Holzhammer. Erst in der Neunten konnte er sich von diesem ganzen Firlefanz befreien.

- Volker Tarnow

Mahler: 9. Symphonie im Kammerfassung
ensemble mini, Joolz Gale (Leitung)
27. April 2014, 20 Uhr Radialsystem V
www.radialsystem.de

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